Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 195

das Fundament für die Fähigkeiten und Dispositionen der anderen beiden Bereiche. Sie besteht
aus Aufmerksamkeitssteuerung und -stabilität sowie innerem Körpergewahrsein (Interozeption)
und wird von fronto-parietalen Netzen und der Insula unterstützt. Die beiden anderen Bereiche
umfassen mitgefühlsrelevante Fähigkeiten, die eher kognitiv (Perspektive) oder eher emotional
(Affekt) sind. Diese Unterscheidung in kognitiv und emotional lässt sich auch auf neuronale
Strukturen zurückführen: Metakognition und kognitive Perspektivübernahme werden mit fronto-
parietalen Netzen in Verbindung gebracht, welche sich relativ spät in der Ontogenese
herausbilden. Die sozio-affektiven Prozesse im Zusammenhang mit prosozialer Motivation,
positivem Affekt, Affiliation, Wohlwollen und emotionalem Gewahrsein sind hingegen eher in alten
motivationalen Systemen verwurzelt. Diese umfassen somatosensorische, interozeptive und
limbische Areale, deren Entwicklung sowohl ontogentisch wie auch phylogenetisch früh zu verorten
is
.
Die Mitgefühlsforschung steckt noch in den Kinderschuhen. Künftige konzeptionelle und
empirische Arbeiten werden die Teilkomponenten des Mitgefühls und deren zugrunde liegenden
neuronalen und neuroendokrinologischen Systeme genauer beschreiben müssen. Wir hoffen, dass
sich diese Forschung an der hier skizzierten Grobstruktur orientieren kann und zu ihrer
Verfeinerung beitragen wird.
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