Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 22

OE:
   Als wir uns über Ihre Pläne zur Durchführung des Workshops unterhielten, hatte ich keinerlei
Zweifel mehr daran, dass das Studio potentiell eine der bestmöglichen Plattformen für diese
Veranstaltung sei – wenn man von logistischen Fragen einmal absieht. Und ich hoffte, dass wir durch
die gemeinsame Nutzung dieses Ortes und durch die entgegengebrachte Gastfreundschaft in der Lage
sein würden, das gefühlte Gefühl, präsent zu sein, zusammen zu sein und gemeinsame Erkenntnisse
zu produzieren, verstärken könnten, und dass dies auf gewisse Weise über alles hinausgehen könnte,
was man im Voraus planen kann.
Natürlich hoffte ich auch, dass ich davon profitieren würde, ein Teil des Ganzen zu sein, und zwar nicht
nur durch das Lernen über Mitgefühlsprozesse, sondern auch in einem weiteren Zusammenhang,
eingeschlossen in ein Netzwerk, in dem eine bestimmte Art zu denken stattfindet. Ich glaube, dass ich
als Künstler eine Verantwortung habe, Menschen und Veranstaltungen aktiv aufzunehmen, also mich
mit Menschen proaktiv auseinanderzusetzen, die sonst nicht in mein Studio kommen würden. Dies ist
eine Art positive Verantwortung. Wenn ich ein Studio unterhalten will, dass eine Rolle in einem
größeren Zusammenhang von Gesellschaft – ja der gesamten Welt – spielen soll, dann kann ich mich
nicht nur hinsetzen und darauf warten, dass die Gesellschaft zu mir kommt und mich einlädt. Dann
muss ich hinausgehen und die Welt in mein Studio einladen.
TS:
   Und wir kamen.
OE:
   Ja! Vielen Dank für Ihr Vertrauen und für das Eingehen des Risikos, denn es bestand eigentlich
keine Möglichkeit, vorher herauszufinden, ob das Ganze gelingen würde. Ich dachte mir damals, dass
es ein sehr mutiger Schritt sei, einer solchen Art von Zusammenarbeit offen gegenüber zu stehen.
Denn meistens werden in anderen Erfahrungssphären Künstler als eine Art Clown oder Spaßvogel
marginalisiert. Und dies ist ein weiterer Grund, dass ich so unglaublich dankbar und glücklich über
unser gemeinsames Abenteuer bin.
MB:   Die Menschen, die zu diesem Workshop zusammenkamen, waren sehr heterogen. Wie
sehen Sie die Verbindung zwischen Künstlern, Wissenschaftlern und kontemplativen
Praktikern?
TS:
   Tatsächlich kamen die zu diesem Workshop eingeladenen Menschen aus sehr unterschiedlichen
Bereichen. Einige waren Neurowissenschaftler, einige klinische Psychologen, einige kontemplative
22
1...,12,13,14,15,16,17,18,19,20,21 23,24,25,26,27,28,29,30,31,32,...557
Powered by FlippingBook