Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 379

Das „Mindful Self-Compassion“-Training
„Wer wahres Mitgefühl anderen gegenüber entwickeln möchte, muss sich selbst erst eine Basis
schaffen, auf der er Mitgefühl kultivieren kann – und diese Basis ist die Fähigkeit, sich mit seinen
eigenen Gefühlen verbinden und für sein eigenes Wohlergehen sorgen zu können … Um sich um
andere kümmern zu können, ist es notwendig, für sich selbst zu sorgen.“
(Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama
Übersicht über das Mindful Self-Compassion (MSC) Programm
Das MSC-Programm führt die Teilnehmer dieses Trainings auf eine achtwöchige Reise der
Selbstentdeckung und Selbsttransformation. Dabei werden die Teilnehmer dazu eingeladen, zu
Erforschenden ihrer eigenen Erfahrung zu werden, und allem, was auftaucht, mit interessierter
Neugier und Freundlichkeit zu begegnen. Sobald wir das Licht liebender Aufmerksamkeit auf unser
Innenleben richten, treten unvermeidlich schwierige Emotionen und Selbsturteile auf. Der Zweck
des MSC-Programms ist es, diesen Momenten mit Mitgefühl zu begegnen und sie zum Besseren
zu wandeln. Selbstmitgefühl ist eine positive Haltung, die letztendlich zu einem glücklicheren und
erfüllteren Leben führt.
Da die Fortschritte im Selbstmitgefühl davon abhängen, wie intensiv man es praktiziert – also
letztendlich „dosisabhängig“ sind –, liegt die Hauptaufgabe von MSC-Lehrern darin, die
Teilnehmer des Programms bei der Entwicklung einer Selbstmitgefühlsgewohnheit zu
unterstützen. Das MSC-Programm vermittelt eine Vielzahl an Meditationen (wie zum Beispiel
Liebende Güte, Liebevolles Atmen) und informellen Übungen (wie zum Beispiel wohltuende
Berührungen, selbstmitfühlende Briefe schreiben). Den Teilnehmern wird empfohlen, solche
Techniken insgesamt 40 Minuten pro Tag zu praktizieren. Als ideal gilt eine Kombination aus rund
25 Minuten Sitzmeditation und 15 Minuten informeller Praxis pro Tag. Die formelle Sitzmeditation
stärkt unsere Entschlossenheit und vertieft unser Verständnis von Selbstmitgefühl. Informelle
Übungen helfen uns dabei, genau dann mit Selbstmitgefühl zu reagieren, wenn wir es am meisten
brauchen.
MSC-Gruppen bestehen aus 10 bis 25 Teilnehmern, die (abhängig von der Gruppengröße) von ein
bis zwei Lehrern begleitet werden. Voraussetzungen für die Lehrer sind: 1) mindestens fünf Jahre
eigene Meditationserfahrung, 2) fortlaufende tägliche Meditationspraxis und Anwendung von
Selbstmitgefühl im Alltag, 3) mindestens einjährige Erfahrung mit der Meditationspraxis der
Liebenden Güte. Darüber hinaus sollten sie 4) erfahren in der Unterrichtung von
Meditationspraktiken sein, 5) selbst an einem MSC-Training teilgenommen haben, 6) einen
Teacher-Trainer-Kurs absolviert haben und 7) Supervision von einem MSC-Lehrtrainer erhalten
haben (oder erhalten). Es empfiehlt sich, dass einer der beiden Lehrer des MSC-Programms ein
ausgebildeter Psychotherapeut ist.
Die Ko-Leiter der MSC-Gruppen unterrichten in erster Linie über ihre Vorbildwirkung – indem sie
Selbstmitgefühl
verkörpern
. Dies kann beispielsweise durch das Einbringen persönlicher
Geschichten erfolgen, die Mitgefühl für unsere menschliche Natur veranschaulichen – Geschichten
über Themen wie menschliches Versagen, Selbstvergebung und emotionale Widerstandskraft. Die
Lehrer sollten darauf achten, dass sie durchgängig so auf die emotionalen Bedürfnisse der
Gruppenmitglieder eingestimmt sind, dass sich die Teilnehmer von den Lehrern „gespürt fühlen“.
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