Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 277

ebenfalls reduzieren könnten. Bei diesem Mann gingen die berichteten
Schmerzunannehmlichkeiten während der Erzeugung von Mitgefühl – was, wie wir ja
wissen, die Opioid-Regionen im Gehirn dieses Mannes aktivierte – erheblich zurück (Abb. 2).
Wenn sich diese Ergebnisse auch für größere Stichproben bestätigen, sind sie von extrem großer
Bedeutung. Denn dann würde mitfühlendes Verhalten – durch den stärkeren Wunsch oder die
größere Motivation zu helfen – nicht nur zu einer freundlicheren Gesellschaft führen, sondern der
mitfühlende Mensch unter seinem Mitgefühl auch weniger leiden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Konzentrations- und Achtsamkeitsmeditationen
Schmerz zu beeinflussen scheinen, wenn wohl auch auf unterschiedliche Weise. In
Übereinstimmung mit den Aussagen traditioneller Lehren scheint eine achtsame Aufmerksamkeit
Schmerz zu reduzieren – was möglicherweise auf Veränderungen in der
nen Geisteshaltung
zurückzuführen ist, die das Individuum gegenüber dem Stimulus einnimmt[1] und die wohl die
Bewertung des eigenen Erlebens reduziert. Mitgefühl bietet allerdings noch eine weitere
faszinierende Möglichkeit der Schmerzreduzierung. Dieser auf andere Menschen bezogene
Zustand könnte – möglicherweise durch Opioide und Gefühle von Herzlichkeit, Fürsorge und Liebe
unterstützt – sowohl uns selbst als auch der Gesellschaft zugute kommen und sich möglicherweise
aus sich selbst heraus verstärken. Dies wäre dann auch eine mögliche biologische Erklärung für
die Aussage der Buddhisten, dass Mitgefühl der Weg zur Freiheit von Leid ist. Wissenschaftlich
liegt sicherlich noch eine Menge Arbeit vor uns. Erste Studien deuten jedoch darauf hin, dass
Meditationspraxis ein sehr vielversprechender Weg zur Linderung von Schmerz und Leid sein
kann.
Danksagung
Ein besonderer Dank gilt den Studienteilnehmern und allen, die uns bei der Durchführung der
Experimente unterstützt haben, insbesondere meinem Doktorvater Pierre Rainville sowie Jerome
Courtemanche, Emma Duerden und Gary Duncan. Diese Arbeit wurde durch Finanzhilfen des
Canadian Institutes of Health Research (CIHR) und des Mind and Life Institute sowie Stipendien
vom Fonds de la recherche en santé du Québec (FRSQ) und CIHR unterstützt. Wir möchten auch
Matthieu Ricard für seine Bereitschaft danken, sich auf so großzügige Weise an vielen Projekten
am Max-Planck-Institut in Leipzig zu beteiligen und uns dabei mit seiner wertvollen persönlichen
Erfahrung zu unterstützen.
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durchgeführt wurden, zu dem Schluss, dass sich Schmerzen in diesem Zustand möglicherweise
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