unabhängige, autarke Akteure wahrnehmen, ist es eine Tatsache, dass niemand von uns
ohne die Unterstützung zahlreicher anderer Menschen gedeihen, geschweige denn überleben
könnte. Wenn sich der Teilnehmer dieser Interdependenz mit anderen bewusst wird und
bewusst die Unterstützung wahrnimmt, die er tagtäglich von anderen erhält, entwickelt er
Wertschätzung und Dankbarkeit für sie.
6.
Zuneigung und Empathie entwickeln:
Hier ist ein zweigleisiger Ansatz erforderlich:
Reflektion über die Güte anderer und Reflektion über die vielen Nachteile einer Ich-zentrierten
Haltung. Letzteres schwächt die eigene Ich-Zentrierung, während ersteres als aktive
Komponente die Zuneigung zu anderen stärkt. Die tiefe Reflektion darüber, wie diese
geschätzten Menschen in Leid gefangen sind – nicht nur die Menschen, die man selbst kennt,
sondern auch die, die an weit entfernten Orten leiden, weil sie von Krieg, Armut, Krankheit
usw. betroffen sind –, aktiviert die eigene Empathie für sie und ein Gefühl der Unerträglichkeit
ihres Leids. Auf diese Weise dienen Zuneigung und die verstärkte Empathie, die aus dem
Nachdenken über das Leid der Menschen, die einem lieb sind, entstehen, als Katalysator für
Mitgefühl. Je mehr Zuneigung man für andere empfindet, als umso unerträglicher empfindet
man deren Leid und deren Schwierigkeiten und desto mehr freut man sich an ihrem Glück
und Wohlergehen. Und dann wünscht man sich, eine Linderung ihres Leids zu erreichen –
was Mitgefühl entspricht. Tiefere Kontemplation und das Erkennen, in wie vielfältiger Weise
wir von anderen profitieren, sorgen neben dem aufkommenden Wunsch, diese Freundlichkeit
in gleicher Weise zurückzugeben, beim Teilnehmer dafür, dass er Beziehungen zu anderen
mit einem tieferen Verständnis von Verbundenheit und Zuneigung eingehen kann.
7.
Wünschendes und wollendes Mitgefühl realisieren:
Verstärkte Empathie für andere gibt in
Verbindung mit dem intensiven Gewahrsein ihres Leids und seiner Ursachen natürlicherweise
Anlass zu Mitgefühl: dem Wunsch für andere, dass sie frei von Leid und dessen Ursachen
sein mögen.
8.
Aktives Mitgefühl für andere realisieren:
Im letzten Schritt wird der Teilnehmer durch eine
Meditation geleitet, die den Schritt vom einfachen Wunsch für andere, frei von Unglück zu
sein, zu einer aktiven inneren Verpflichtung ermöglicht, sie in ihrem Bestreben nach Glück und
Freiheit von Leid zu unterstützen. Kontinuierliches Meditationstraining entwickelt eine stärkere
Fähigkeit zu Mitgefühl, das letztendlich zu einer tiefgreifenden und spontanen Gewohnheit
wird.
Die einzelnen Schritte unterscheiden sich voneinander, sind aber dennoch miteinander verzahnt
und bauen jeweils auf den vorherigen Schritten auf. Die acht Themenkomplexe von CBCT werden
sowohl in sechswöchigen als auch in zwölfwöchigen Kursen (zum Beispiel in Grundschulen)
unterrichtet. Im Acht-Wochen-Format beschäftigt man sich mit einem Thema pro Woche. Steht
mehr Zeit zur Verfügung, kann man das Programm auf insgesamt zehn Wochen erweitern und
schwierige Themen wie beispielsweise Selbstmitgefühl oder Gleichmut auf zwei Wochen strecken.
Idealerweise wird der Seminarinhalt auf zwei Sitzungen pro Woche verteilt. Dann kann der
Kursleiter die erste wöchentliche Gruppensitzung zur Vorstellung von Thema und Material sowie
für etwas Übungszeit nutzen, während die zweite Sitzung dann für Gespräche und eine intensivere
Meditationspraxis verwendet werden kann. Finden mehrere Sitzungen pro Woche statt, dauern sie
für Erwachsene üblicherweise eine Stunde oder neunzig Minuten. Findet nur eine Sitzung pro
Woche statt, dauert diese normalerweise zwei Stunden. Damit steht genügend Zeit zur Verfügung,
das Material vorzustellen, es zu besprechen und am Ende der Sitzung 15 bis 20 Minuten
Meditation zu praktizieren.
Die Teilnehmer werden während des Kurses durch eine Reihe von zusammenhängenden,
kumulativen Meditationen geführt, die für eine systematische Entwicklung von Mitgefühl
erforderlich sind. Bei ernsthafter Praxis kann dieses Training ein wirksames Werkzeug dafür
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