Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 463

Rationale für die Abfolge der Schritte im CCT-Programm
SCHRITT 1,
Beruhigung und Fokussierung des Geistes
, unterstützt Grundfähigkeiten für eine
reflektive, kontemplative Praxis (wie Meditation), die es erforderlich macht, den eigenen Geist zur
Ruhe zu bringen und zu fokussieren. Hierzu werden zwei Atemmeditationsübungen vorgestellt.
Dem geht eine Atemübung voraus, die als „Atemreinigung“ bezeichnet wird und aus einer Reihe
von tiefen Zwergfellatemzügen besteht. Das hilft, Stress und Spannung abzubauen. Dieser
vorbereitenden Übung folgt eine erste Atemmeditation, bei der in Stille geistig die Atemzyklen
gezählt werden, sowie eine zweite Meditation, bei der der eigene Geist einfach im Gewahrsein des
Augenblicks des eigenen Atems bleibt. Im CCT-Programm wird somit gleichzeitig eine
grundlegende Form der Achtsamkeit eingeübt – also die Fähigkeit, den eigenen Geist
unleidenschaftlich auf ein gewähltes Objekt zu richten, beispielsweise den eigenen Atem. Während
der gesamten acht Wochen beginnen übrigens alle formellen kontemplativen Sitzmeditationen mit
einer kurzen Sequenz, die der Achtsamkeit gewidmet ist. Ab der zweiten Woche wird ein weiterer
wesentlicher Aspekt der Achtsamkeitspraxis unterrichtet – nämlich die Fähigkeit, bei sich selbst
entstehende Gedanken und Emotionen zu beobachten und zu lernen, eine unleidenschaftliche
Beziehung dazu aufzunehmen. Dies geschieht im Rahmen der Unterrichtung psychologischer
Themen, etwa zur Dynamik unserer Wahrnehmungen, Gedanken sowie Einstellungen und wie sie
mit unseren Emotionen sowie Verhaltens- oder Gewohnheitsmustern zusammenhängen.
SCHRITT 2,
Liebende Güte und Mitgefühl für einen Nahestehenden
, soll in erster Linie dabei
helfen zu erkennen, wie sich die Erfahrung von Liebe und Mitgefühl anfühlt, wenn diese natürlich
in uns entstehen. Die Praktiken dieser Session greifen auf mentale Prozesse zurück, die auf
natürliche Weise in uns entstehen und für eine bewusste, gezielte Kultivierung und Einübung von
Mitgefühl in unseren Herzen und Köpfen entscheidend sind. Die Meditation und die begleitenden
praktischen Übungen helfen dabei, sich mit den mit der Erfahrung von Mitgefühl und liebender
Güte zusammenhängenden Gefühlen von Herzenswärme, Sanftheit, Anteilnahme und
Verbundenheit vertraut zu machen. Das geschieht durch ein gezieltes Hervorrufen unserer
Gefühle für eine geliebte Person oder eine Person, die uns nahe steht und in Bezug auf die es uns
relativ leicht fällt, Gefühle der Verbundenheit zu entwickeln.
In SCHRITT 3,
Liebende Güte und Selbstmitgefühl
, lernt man, die Gefühle, die eine liebende und
mitfühlende Beziehung charakterisieren – also Herzenswärme, Sanftmut, Akzeptanz und eine tiefe
Anteilnahme – auf sich selbst zu richten. Denn ohne die Fähigkeit, sich aufrichtig mit den eigenen
Gefühlen und Bedürfnissen zu verbinden und zu lernen, sich diesen mit Mitgefühl zuzuwenden, ist
es schwierig, aufrichtiges Mitgefühl für andere, insbesondere für Fremde und Feinde, zu
entwickeln. Da dieser Schritt meistens eine große Herausforderung für die Teilnehmer darstellt,
werden die entsprechenden Übungen auf zwei Wochen verteilt: Zunächst widmen sich die
Kursteilnehmer dem Mitgefühl für sich selbst(3a), um sich dann in der darauf folgenden Woche mit
der liebenden Güte für sich selbst(3b) zu beschäftigen. Schritt 3a konzentriert sich auf Qualitäten
wie größere Selbstannahme, Sensibilität, Nichtverurteilung und Selbstsorge, während der Fokus
von Schritt 3b auf Qualitäten wie Herzenswärme, Verständnis, Freude und Dankbarkeit liegt. Die
Kursteilnehmer erleben die liebende Güte und das Selbstmitgefühl übrigens oft als zentrale
Thupten Jinpa Langri
"Self-compassion Practice"
0:21 min
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