Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 201

Güte und Mitgefühl als Kernbestandteile von
Achtsamkeit
Wenn Ihnen aus unerklärlichen Gründen aus der erdrückenden, überwältigenden und
unglaublichen Fülle der in der letzten Zeit über Glück, Bewusstsein, Achtsamkeit oder Mitgefühl
verfassten Texte dieser spezielle Beitrag in die Hände gefallen ist, sind Sie ja möglicherweise
bereit, sich zunächst an einem sehr kurzen und sehr persönlichen Experiment zu beteiligen, an
dem Verstand, Körper und Herz (im übertragenen Sinne) beteiligt sein werden. Es ist eine
unvollkommene, absolut unbefriedigende kleine Übung, so wie auch unser Leben und unsere
Erfahrungen oft unvollkommen und nicht in allen Teilen zufriedenstellend sind. (Und trotzdem
machen wir immer weiter und erleben oft gleichzeitig oder abwechselnd Wertschätzung und
Enttäuschung). Dennoch ist diese kleine Übung die einzige mir bekannte Möglichkeit, auch nur
einen Hauch der Bedeutung dessen zu vermitteln, was man wirklich selbst erleben muss, bevor
man darüber reden oder es benennen kann. Leider wird diese Notwendigkeit nur selten als solche
erkannt. Lassen Sie uns also beginnen. (Sie können auch die Audioversion dieser Übung wählen
und später weiterlesen).
Ein Selbstversuch
Paul Grossman
"A Personal Experiment"
19:17 min
Vergewissern Sie sich zunächst, dass Sie angenehm sitzen, in einer Position, in der Sie nach
eigener Einschätzung eine Zeitlang gut verweilen können. Nehmen Sie den Neigungswinkel
Ihres Rückens war, wie Ihr Kopf auf den Schultern sitzt, ob Ihre Arme, Beine, Füße und Hände
locker und entspannt oder verkrampft und eingeengt sind. Korrigieren Sie Ihre Körperhaltung so,
dass Sie sich wohler und angenehmer fühlen und alle Körperteile so entspannt wie möglich sind.
Nehmen Sie jetzt einige tiefe Atemzüge und achten Sie dabei auf die Stelle, an der Sie den in
den Körper eintretenden und wieder aus ihm entweichenden Luftstrom möglichst vollständig
spüren. Das kann an den Nasenlöchern, irgendwo in Ihrem Bauch oder in Ihrer Brust sein.
Suchen Sie eine Stelle, an der Sie nach Ihrem Empfinden am besten mit Ihrer Aufmerksamkeit
bleiben können, um einen Kontakt zum Fluss des Lebens herzustellen, den der Atem wirklich
und wahrhaftig repräsentiert. Und wenn Sie eine solche mehr oder weniger stimmige Stelle
gefunden haben, hören Sie langsam damit auf, Ihren Atem bewusst zu regulieren.
Lassen Sie Ihrem Atem jetzt einfach seinen natürlichen Lauf. Überlassen Sie ihn ganz sich
selbst, seinem eigenen Tun, so wie es schon immer seit vielen Jahrzehnten vor diesem Moment
der Fall war. Ganz egal, ob Sie Ihrem Atem bisher viel Aufmerksamkeit geschenkt haben oder
nicht, wollen wir jetzt ganz gezielt und willentlich unseren Atem erforschen – den Empfindungen
201
1...,191,192,193,194,195,196,197,198,199,200 202,203,204,205,206,207,208,209,210,211,...557
Powered by FlippingBook