Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 367

für Langlebigkeit
In unserer Studie haben wir die Telomerasespiegel am Ende des ersten
Retreats gemessen und dann das Verhältnis zwischen Telomerase und Fragebogenmessungen
unter die Lupe genommen. Dabei stießen wir auf Anhieb auf Veränderungen in den
Telomerasespiegeln unserer Studiengruppe. So wies die Retreatgruppe mit einem Plus von rund
30% erheblich höhere Telomerasespiegel als die entsprechende Kontrollgruppe auf. Und was
fanden wir beim Abgleich zwischen subjektiven und objektiven Messungen heraus? Wir entdeckten
einen Zusammenhang zwischen einer Veränderung im selbst empfundenen Sinn des Lebens
und der nach dreimonatiger intensiver Meditationspraxis festgestellten Telomerase-Menge.
In der
sieht man die positive Beziehung zwischen diesen beiden Messwerten in der
Retreat-Gruppe, nicht aber in der Kontrollgruppe. Das legt einen Einfluss der Meditationsschulung
auf diese Veränderung nahe. Diese Daten, die in einem Projekt der Postdoc-Stipendiatin Tonya
Jacobs in enger Zusammenarbeit mit Elissa Epel, Elizabeth Blackburn (einer Gewinnerin des
Nobelpreises 2009 in Physiologie/Medizin für die Entdeckung der Telomere und der Telomerase)
sowie Jue Lin an der UCSF erfasst wurden, sind bereits veröffentlicht worden
.
Ich behaupte nicht, dass Meditation das Leben verlängert. Ich behaupte nicht, dass Meditation
allein die Telomerase-Spiegel erhöht oder in längeren Telomeren resultiert. Die Überprüfung
solcher Hypothesen steht uns noch bevor. Allerdings regen solche Ergebnisse zu weiteren
Arbeiten an.
Es sieht so aus, als ob Aktivitäten wie etwa Meditation, die in erheblichem Maße positive
psychische Veränderungen fördern, sich auch positiv auf die Zellalterung auswirken.
Welche weiteren Veränderungen hatten wir nach einem dreimonatigen intensiven
Meditationsretreat bei unseren Teilnehmern erwartet? Natürlich macht es intuitiv Sinn, dass eine
unserer Hypothesen lautete: Je mehr man meditiert, umso stabiler nehmen die
Aufmerksamkeitsfähigkeiten zu. Wenn man durchschnittlich 500 Stunden
Aufmerksamkeitsschulung in Form einer Meditationspraxis absolviert, wäre es doch erstaunlich,
wenn sich
keine Veränderungen
in der Fähigkeit feststellen ließen, die Aufmerksamkeit über lange
Zeiträume aufrechtzuerhalten. Allerdings könnte man argumentieren, dass ein Trainieren der
Aufmerksamkeit beim Meditieren nur der Aufmerksamkeitsfähigkeit in diesem speziellen Kontext
dient. Um überprüfen zu können, ob sich ein Aufmerksamkeitstraining auf dem Meditationskissen
auch auf andere Situationen auswirkt (davon gehen die buddhistischen Schulen aus), stellten wir
den Probanden eine Aufgabe, die von Katherine MacLean entwickelte wurde, die zum damaligen
Zeitpunkt Diplomandin der Psychologie an der UC Davis war und heute als Ausbilderin im
Fachbereich Psychiatrie an der Johns Hopkins University tätig ist. Diese Aufgabe wird als
Continuous Performance Task (CPT) zur Target-Erkennung bezeichnet
Bei dieser Computeraufgabe sieht der Proband zunächst etwas, was wie eine lange Linie
erscheint. Neunzig Prozent der Zeit während dieser zehntel Sekunde ist die Linie lang. Zehn
Prozent der Zeit ist sie kurz. In den ersten 10 bis 15 Minuten der Aufgabe erschweren wir es
zunehmend, den Unterschied zwischen der kurzen und der langen Linie wahrzunehmen, indem wir
die kurze Linie immer länger werden lassen. Wenn die Teilnehmer eine Aussagepräzision (lang
oder kurz) von ungefähr 75% erreichen, bitten wir sie, die Taste immer dann zu drücken, wenn sie
eine kurze Linie sehen.
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