Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 365

Bild 17.
Ein ansässiger Angiologe entnimmt am Morgen Blutproben vor Ort, nachdem die Teilnehmer die Bewertungen
beendet haben. Wir hatten neben den EEG-Labors auch ein Blutlabor errichtet.
(Links).
Projekt-RA David Bridwell
extrahiert periphere mononukleare Blutzellen (PBMCs) zur Vorbereitung der Zählung im Rahmen des Telomerase-
Analyseprotokolls.
(Rechts).
Stephen Aichele bereitet die PBMC-Zählung unter einem Mikroskop vor, das uns ein
teilnehmender Arzt geliehen hatte. Links neben dem Tisch ist ein Trockeneiskühlgerät (-78°C) sichtbar. Rechts ist eine
temperaturkontrollierte Zentrifuge zu sehen. Fotografiert vom Autor.
Welche Ergebnisse hatten wir erwartet?
(1) Verbesserte Konzentrationsfähigkeit
(2) Verbesserter Zugang zum eigenen Erleben
(3) Schnellere Erholung von Provokation
(4) Verminderung destruktiver Tendenzen
Wir entschieden uns für einen sehr umfassenden Untersuchungsansatz. Dabei erfassten wir Daten
über Selbstberichtsfragebögen sowie physiologische Messungen und ließen die Teilnehmer
laborbasierte emotionsrelevante Aufgaben, Aufmerksamkeitstests, Emotionsinteraktionsaufgaben
und aufmerksamkeitsrelevante Paradigmen absolvieren. Alles in allem führten wir 15
computerbasierte Experimente durch, nahmen Blutproben und Speichelproben, führten Vor-Ort-
Gespräche und versandten nach Abschluss der Retreats Laptops und digitale
Aufzeichnungsgeräte an die Teilnehmer, sodass wir die Bedeutung des Trainings im Sinne
messbarer kognitiver Effekte sowie subjektiver Teilnehmereindrücke nachverfolgen konnten.
Zudem bauten wir unterhalb der Meditationshalle zwei dem neuesten Stand der Technik
entsprechende EEG- und Psycho-Physiologielabors sowie ein Blutlabor auf (
bis
.
Und was haben wir letztendlich herausgefunden?
Wir analysierten mit einer Reihe von Fragebögen Verbesserungen in der psychischen Gesundheit
und kombinierten dabei viele Merkmale in einem Begriff, den wir
angepasste Fähigkeiten
(engl.
adaptive functioning) nannten. Dabei fanden wir heraus, dass die Retreat-Gruppe zwischen Beginn
und Ende des Retreats einen erheblichen Anstieg in diesem Messwert zeigte, während sich dieser
Parameter bei der Kontrollgruppe überhaupt nicht veränderte – zumindest nicht bis zu dem
Zeitpunkt, an dem sie selbst ihr Retreat begann. Eine Veränderung bei den angepassten
Fähigkeiten bedeutet, dass ein Anstieg bei Wohlbefinden, Achtsamkeit, Empathie und Ich-
Resilienz sowie eine Abnahme bei Depression, Ängstlichkeit, Neurotizismus und Schwierigkeiten
in der Emotionsregulation zu konstatieren war. Bemerkenswerterweise bestand diese Veränderung
auch noch fünf Monate später (für beide Gruppen, die ein Retreat mitgemacht hatten). Diese
Ergebnisse werden detailliert in einer Arbeit der Hauptautorin Baljinder Sahdra beschrieben, einer
Postdoc-Stipendiatin des Projekts und jetzt Dozentin der Psychologie an der University of Western
Sydney in Australien
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