Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 44

Die Interpretation eines Kindes von seinem Geist während des Mitgefühlstrainings: entweder zu erregt, zu schläfrig oder
genau richtig.
Als wir auf dem Weg zu unserer ersten Stunde durch die Gänge der Schule liefen, konnten wir nicht
umhin, die neue Freundlichkeitskampagne der Schule wahrzunehmen. An den Wänden waren Plakate
mit „Sei freundlich!“ oder „Sei hilfsbereit!“ zu lesen. Die Schule hatte also offensichtlich etwas vor. In der
Klasse selbst fragten wir dann die Kinder nach den Plakaten und baten sie, uns zu erzählen, wie sie
denn freundlich und hilfsbereit sein können.
„Einfach nett sein“, „nicht gemein sein“, „nicht die Gefühle eines anderen verletzen“ lauteten die
Antworten.
„Aber wie funktioniert das?“ fragten wir. „Es ist meistens nicht schwer, nett und hilfsbereit zu Freunden
und Familienangehörigen zu sein und zu allen, die so sind wie man selbst. Aber wie lernt man, nett zu
anderen zu sein, und zwar auch zu denen, die man nicht mag, oder sogar zu denen, die einen
schikaniert haben?“
Die Kinder schwiegen. Einige zuckten die Achseln.
„Glaubt ihr, dass man Mitgefühl für jemanden haben kann, der einen schikaniert hat?“ fragten wir.
„Niemals!“, „wahrscheinlich nicht“, „vielleicht“, sagten sie.
Wir versuchten einen anderen Ansatz. „Wie sähe wohl die Welt aus, wenn keiner von uns Mitgefühl
hätte?“
„Die ganze Welt befände sich im Krieg!“ rief ein Kind. Und viele andere nickten zustimmend.
„Könntet ihr euch also vorstellen, dass es wichtig sein könnte zu lernen, wie man mitfühlend ist?“
fragten wir.
„Ja!!“ riefen sie jetzt laut. Und so nahm unsere Arbeit ihren Anfang.
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