Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 479

Vorteile einer größeren Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Augenblick. Im ersten Retreat üben
die Teilnehmer hauptsächlich die auf den Atem gerichtete Aufmerksamkeit und den Body-Scan im
Wechsel mit einer Geh-Meditation.
Der 13-wöchige Kurs ähnelt dann im weiteren Verlauf etablierten Achtsamkeits-
Trainingsprogrammen
. Die Präsenz- und Aufmerksamkeitsfähigkeiten werden mit dem Ziel
vertieft, sie in allen Lebenssituationen verfügbar zu machen. In der wöchentlichen Trainingseinheit
werden mit speziellen Übungen verschiedene sensorische Modalitäten angesprochen, die den
Teilnehmern dabei helfen, achtsam mit Klängen, Bildern, Berührungen, Gerüchen und
Geschmäckern umzugehen. Zudem werden Anleitungen dazu gegeben, wie sich diese Praxis auf
formeller und informeller Ebene im Alltagsleben integrieren lässt.
Affekt
In diesem Modul liegt der Schwerpunkt auf den emotionalen und motivationalen Aspekten von
Mitgefühl. Die Teilnehmer versuchen, mit Gefühlen von Wohlwollen, Liebe und Anteilnahme in sich
selbst in Kontakt zu kommen und diese mentalen Zustände sich selbst und anderen gegenüber zu
kultivieren („Öffnung des Herzens“). Sie lernen den Umgang mit den Hindernissen, die solchen
mentalen Zuständen entgegenstehen, wie etwa Angst, Wut oder Trauer („Annahme von
Emotionen“). Abschließend werden prosoziale Motivationen und die Aktionen als notwendige
Ergänzungen der Empfindungen von Güte und Wohlwollen erläutert, mit denen Mitgefühl in das
Alltagsleben übersetzt wird.
Die erste Kernübung dieses Moduls ist von einer alten Kontemplationspraxis, nämlich der
Metta
Meditation
) inspiriert. Die zweite Kernübung ist eine
Dyade
(Partnerübung), bei der die Teilnehmer das Beobachten und das Annehmen schwieriger
Emotionen sowie die Öffnung für Gefühle der Dankbarkeit einüben.
Affekt – Kernübung 1: Herzmeditation
Diese Übung ist aus der
Metta
-Praxis abgeleitet. Das Wort „Metta“ bedeutet in Pali liebende
Güte, Freundschaft, Wohlwollen oder guter Wille. Es wird in den frühesten Texten des
Theravada-Buddhismus
erwähnt. Viele Kontemplationstraditionen kennen Varianten dieser
Übung
(siehe auch
(Germer & Neff) und
(Hangartner)).
Der Meditierende sitzt dabei entspannt und versucht, sich mit Intentionen und Gefühlen der
Liebe, der Anteilnahme und des Wohlwollens zu verbinden. Diese können sich entweder auf ihn
selbst, auf eine konkrete andere Person, auf eine ganze Gruppe von Menschen oder sogar auf
alle Lebewesen richten. Der Meditierende verwendet dabei Sätze, wie „Mögest du glücklich sein“,
„Mögest du gesund sein“, „Mögest du sicher sein“, „Mögest du in Leichtigkeit leben“, die er sich
selbst gegenüber leise wiederholt, um ganz auf die entsprechende Intention zu fokussieren. Hier
können auch alternative Möglichkeiten der Verbindung mit einem Gefühl von Wohlwollen und
Anteilnahme eingesetzt werden, etwa mentale Bilder oder eine Konzentration auf
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