Selbstmitgefühl wirkt sich nicht nur auf die eigene seelische Befindlichkeit positiv aus, sondern
trägt auch nachweislich zur Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen bei. In einer Studie
mit heterosexuellen Paaren
wurden beispielsweise selbstmitfühlende Menschen von ihren
Partnern als stärker emotional verbunden, annehmend und autonomiestärkend sowie weniger
kontrollierend, distanziert und verbal oder körperlich aggressiv in ihren Beziehungen beschrieben
als Menschen ohne Selbstmitgefühl. Selbstmitfühlende Menschen scheinen zudem mehr Mitgefühl
für andere zu zeigen. In einer kürzlich von Neff und Pommier
durchgeführten Studie gaben
selbstmitfühlende Menschen ein höheres Maß an empathischer Anteilnahme, Vergebung und
Altruismus gegenüber anderen an als diejenigen, denen es an Selbstmitgefühl mangelte. Sie
fühlten sich zudem durch eine Konfrontation mit dem Leid anderer mit geringerer
Wahrscheinlichkeit persönlich belastet. Dies legt nahe, dass Selbstmitgefühl eine bedeutende
Kompetenz für die Ausbildung von Pflegekräften sein könnte – insbesondere, weil man inzwischen
auch weiß, dass Selbstmitgefühl ein protektiver Faktor gegen Burnout ist
Selbstmitgefühl in klinischen Kontexten
Ein spannender Forschungsbereich beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Selbstmitgefühl auf
die klinische Praxis. Menschen mit einem Mangel an Selbstmitgefühl haben mit größerer
Wahrscheinlichkeit kritische Mütter, stammen aus fehlfunktionierenden Familien und zeigen
unsichere Bindungsmuster als selbstmitfühlende Menschen
Da die Probleme von
Therapieklienten oft einen familiären Hintergrund aufweisen, könnte diese Zielgruppe in
besonderem Maße von der Entwicklung eines stärkeren Selbstmitgefühls profitieren.
Interessant ist die empirische Frage, ob Selbstmitgefühl in der Psychotherapie implizit erzeugt wird
und einer der Faktoren einer wirksamen Behandlung ist. Dies scheint offensichtlich der Fall zu sein
und könnte wichtige Auswirkungen auf das Verständnis des therapeutischen Prozesses haben.
Neff, Kirkpatrick und Rude
führten eine Studie durch, die im Abstand von einem Monat
Veränderungen des Selbstmitgefühls bei Klienten erfasste. Die Therapeuten arbeiteten mit einer
Zwei-Stuhl-Technik aus der Gestalttherapie
die die Klienten dabei unterstützen soll, ihre
Selbstkritik zu verringern und mehr Selbstmitgefühl aufzubauen. Die Ergebnisse zeigten, dass ein
erhöhtes Maß an Selbstmitgefühl (das unter dem Vorwand einer in keinem Zusammenhang
stehenden Studie erfasst wurde) über den einmonatigen Zeitraum mit einem geringeren Erleben
von Selbstkritik, Depression, Rumination, Gedankenunterdrückung und Ängsten verbunden war.
Paul Gilbert hat eine gruppentherapeutische Intervention unter der Bezeichnung „Compassionate
Mind Training“ (siehe
entwickelt. CMT unterstützt Menschen dabei, Kompetenzen des
Selbstmitgefühls zu entwickeln, insbesondere wenn ihr üblicher Selbstbezug eher durch
Selbstangriff geprägt ist. In einer CMT-Pilotstudie, an der Patienten einer Tageseinrichtung
beteiligt waren, die unter intensiven Schamgefühlen und Selbstkritik litten, wurden nach der
Teilnahme am CMT-Programm erhebliche Reduzierungen bei Depression, Selbstangriff, Scham
und Minderwertigkeitsgefühlen berichtet
Zudem fühlten sich fast alle Teilnehmer zum Ende
der Studie stark genug für eine Entlassung aus dem Krankenhausprogramm.
Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze, wie beispielsweise das
Programm der
achtsamkeitsbasierten Stressreduktion
können ebenfalls eine wirksame Möglichkeit für
Menschen darstellen, Selbstmitgefühl zu entwickeln. Achtsamkeit (siehe
sensibilisiert
uns dafür, schwierige Gedanken und Emotionen wahrzunehmen, die in unserem
Gegenwartsbewusstsein auftauchen, und ihnen mit Güte, Annahme und Nichtbewertung zu
begegnen. MBSR-Seminare werden üblicherweise von Therapeuten und anderen psychosozialen
Fachkräften unterrichtet, um Seminarteilnehmer im Umgang mit Stress, Depression und anderen
Selbstmitgefühl und zwischenmenschliche Beziehungen
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