Mitgefühl: In Alltag und Forschung - page 427

und die Rechte anderer Menschen zu kümmern, Anteilnahme und Empathie für sie zu fühlen und
in einer förderlichen Weise zu handeln.
Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Prosozialität in vielen Aspekten entscheidend für
das Wohlergehen sozialer Gruppen ist.
Wissenschaft ist nicht wertfrei. Wahrheit und Werte sind immer miteinander verflochten. Mit dem
CEB-Curriculum sollen einige Werte in Bezug auf die Bedeutung und den Wert von Wohlergehen,
Gedeihen und einem sinnerfüllten Leben (Eudämonie) gefördert werden.
Diese vier Herzenswerte werden als breit angelegt und allumfassend begriffen. Sie beschränken
sich nicht auf die Anteilnahme an bestimmten Menschen, sondern werden auf alle Fremden und
auch so genannte Feinde ausgeweitet. Die Herzenswerte haben nichts mit positivem Denken zu
tun, das sich oft zu einer oberflächlichen und unrealistischen Haltung entwickelt, sondern mit
Eudämonie.
1. Liebende Güte (Metta)
Die Definition von liebender Güte ist die tief empfundene Sehnsucht danach, dass man selbst und
andere Menschen Glück und die Quellen des Glücks finden mögen. Es besteht die Gefahr, diesen
Wunsch des Glücks für andere mit einer egozentrischen Anhaftung zu verquicken, bei der der
andere zum Objekt der eigenen Erfüllung wird. In diesem Sinne kann man sogar eine
egozentrische Beziehung zu sich selbst eingehen, wie es bei Selbstbeschuldigungen oder
Selbstverliebtheit der Fall ist.
Wenn wir überprüfen wollen, ob wir uns in einer solchen Anhaftung befinden, können wir uns die
folgende Frage stellen: Lieben wir einen geliebten Mensch mehr oder weniger, wenn er sich
schlecht verhält?
• Die maskierte Form der liebenden Güte ist Anhaftung (naher Feind).
• Das Gegenteil der liebenden Güte ist der Hass (entfernter Feind).
• Die Ursache der liebenden Güte ist die Einsicht, dass andere Menschen genauso wie wir
selbst einfach glücklich sein wollen.
• Liebende Güte hat versagt, wenn sie eigennützige Zuneigung erzeugt.
• Liebende Güte ist gelungen, wenn sie Animositäten abklingen lässt.
2. Mitgefühl (Karuna)
Hierbei geht es um den Wunsch und die Hoffnung, dass andere nicht leiden und keine Ursachen
für Leid schaffen. Mitgefühl umfasst auch die Bereitschaft dazu beizutragen, beides zu verringern
und abzuschwächen. In der Praxis des Mitgefühls kultivieren wir Altruismus als ein tief
verwurzeltes Gefüge, das uns zu einem Handeln prädestiniert, das andere unterstützt. Mitgefühl ist
stark mit Glück und emotionaler Balance korreliert[2]. Heldenhafte Menschen sagen nach einem
Akt des selbstlosen Altruismus oft: „Ich konnte nicht anders“. Diese Art von grundlegendem
Gefüge oder grundlegender Haltung ist entscheidend, wenn man der verlockenden Eigenart
schwieriger Emotionen widerstehen will.
• Die maskierte Form des Mitgefühls ist Mitleid (naher Feind).
• Das Gegenteil des Mitgefühls ist Grausamkeit (entfernter Feind).
• Die Ursache von Mitgefühl ist das Erkennen des
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